15. April 2020

Corona-Pandemie

Gutachten weckt falsche Hoffnung

„Natürlich muss es das Bestreben sein, den Schülerinnen und Schülern, sobald möglich, wieder einen Schulalltag zu bieten.

Die Bedingungen, die für die Öffnungen formuliert werden, sollten aber die Schulrealität im Blick haben. Das, was jetzt zum Teil an Bedingungen formuliert wurde, kann kaum erfüllt werden und weckt falsche Hoffnungen. Das muss alles ganz dringend auf die praktische Umsetzung geprüft werden. Wir erwarten hier Antworten der Kultusministerkonferenz“, kommentiert Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), die am Ostermontag publizierte Stellungnahme der Leopoldina.

Die Arbeitsgruppe hatte zum Beispiel erklärt: „Alle Maßnahmen sind auf längere Zeit unter Einhaltung der Vorgaben zu Hygiene, Abstand, Mund-Nasen-Schutz, Testung und die Konsequenz der Quarantäne umzusetzen.“ Beckmann erklärt: „Ich sehe nicht, wie die Konsequenz hieraus erfüllt werden kann. Es gibt          8,3 Millionen Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen und    2,4 Millionen Schülerinnen und Schüler an berufsbildenden Schulen. Wo sollen für diese Mund-Nasen-Schutzmasken herkommen? Und selbst, wenn es gelingen würde, ausreichend Masken zumindest für die Abschlussklassen zu beschaffen: Wie soll 10-Jährigen (welche die Arbeitsgruppe ja als erstes wieder in der Schule sehen würde) vermittelt werden, diese den ganzen Tag zu tragen, nicht daran anzufassen, keine Scherze damit zu machen?“

Weiter wird in der Leopoldina-Stellungnahme ausgesagt: „Eine Gruppengröße von maximal 15 Schülerinnen und Schüler wäre möglich, wenn entsprechend große Klassenräume zur Verfügung stehen.“ Der VBE Bundesvorsitzende kommentiert: „Ich möchte das klar ist: Das bedeutet, dass jede Klasse geteilt werden müsste! Trotzdem ist diese Aussage noch zu schwammig. Es wird provoziert, dass vielmehr auf die Anzahl der Schülerinnen und Schüler als auf die räumlichen Möglichkeiten fokussiert wird. Wichtig für Schulleitungen und Lehrkräfte wären konkrete Maßzahlen, welche die Gegebenheiten im Raum (Platz vor der Tafel, Schränke etc.) einbeziehen und lediglich die wirklich verfügbaren Raumgrößen als Grundfläche heranziehen. Es braucht klare, nachprüfbare Standards.“

Zudem betont Beckmann den immensen logistischen Aufwand: „Die letzten Wochen waren für Lehrkräfte und Schulleitungen eine enorme Kraftanstrengung. Sich nun zwischen Präsenzunterricht für die eine Klasse und dem Bereitstellen von Aufgaben für die andere Klasse aufzureiben plus sich zu überlegen, was die Präsenzklasse in ‚Heimarbeit‘  erledigen kann, wie es die Leopoldina vorschlägt, erhöht den Druck noch weiter. Mit der Ausdünnung des Stundenplans ist es nicht getan. Vielmehr muss auch geprüft werden, welche Inhalte verschoben oder gar weggelassen werden können. Wichtig ist, Schulen und auch Schulträgern notwendige Vorlaufzeit zu geben, um das zu organisieren. Und: Wer glaubt, mit dem ersten Tag der Schulöffnung könne regulärer Unterricht stattfinden, der irrt. Es wird zuerst darum gehen müssen, sensibel für die Erfahrungen der Kinder und Jugendlichen in den letzten Wochen zu sein und sich Zeit für den Austausch zu nehmen.“

VBE